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Anna Unterweger Heiss

Beten statt Schoß sitzen
Interviewer:
Ruth Deutschman
Kamera:
Benjamin Epp
Copyright Ort:
Sarntal
Aufnahmedatum:
2008-06-16
übersetzt ins Englische von:
Sylvia Manning - Baumgartner
übersetzt ins Italienische von:
Nicole D´Incecco
Epoche:
1945
Transkription:
Ja, ja, Heimat haben wir schon gehabt. Der Vater ist von Auen gewesen und die Mutter von Ettenbach. Und das Anwesen hat die Mutter von den Eltern bekommen. das ist alles alt gewesen: mit Rauchküche. Aber der Vater hat immer wieder einmal etwas gemacht. Ich kann mich jedenfalls noch gut erinnern an die ersten Sachen. Ich bin ganz die Älteste von 14 Kindern. Nach mir ist der Bruder gekommen, dann wieder ein Bruder .. nachher wieder einer. Ich wäre so gerne bei der Mutter und dem Vater im Kinderbett gelegen. Dann habe ich mir gedacht: Habe ich es weniger lang fein, muss ich jetzt geschwind von Vater und der Mutter weggehen, alleine in eine Kammer schlafen gehen. Und die anderen dürfen noch dabei schlafen. Und sich auf den Schoß heben lassen. Ich habe mir gedacht, der Hansl, der Karl und der Luis, die dürfen Schoß sitzen. Ich habe bei niemandem mehr dürfen, so früh. Ja, das ist mir immer so schwer vorgekommen. Aber später ist nachher eine Magd da gewesen. Dann habe ich dürfen bei der Magd schlafen, in der Kammer. Aber am Abend hat sie gesagt, sie ist ledig gewesen, ein wenig älter auch schon. Hat sie gesagt: "Gottes Namen beten". Nachher habe ich müssen in der kalten Kammer droben, zu ihr hin .. bei dem Koffer nieder knien und mit ihr beten. Und sie hat so lang und so viele Gebete gekonnt! Ich hätte es lieber kürzer, nicht so lang gehabt. Bald darauf war mir das klar. Dann bin ich immer früh liegen gegangen, Bald darauf war mir das klar. und habe mich nieder gelegt und finster gemacht. Nachher hat sie gesagt zu der Mutter: "Die Nanni geht zum Liegen, dass sie nicht beten braucht." Nur deswegen geht sie früher hinauf. Nachher habe ich gesagt: "Ja ich würde schon beten". Sie haben mich halt zur Rede gestellt: "Ich würde schon beten, wenn ich im Bett drinnen bleiben und nicht neben ihr knien müsste." Es ist kalt gewesen, eben. Ja. Dann hat die Mutter erlaubt, dass ich im Bett drinnen bleibe und die Magd kann knien. Dann haben wir halt so gebetet. Und Schule bin ich ein Jahr zu später gegangen, weil ich im Jahr zu spät geboren bin. Und geweint und fremd gefühlt habe ich mich ganz stark. Dann sind wir eben, ich und der Bruder, miteinander Schule gegangen. Dann hat es nachher schon gut getan, bin gern .. gegangen. "Knospen", nie mit einem Schuh. Und oft einmal haben wir die Tapper angezogen, beim Schulegehen, wenn Schnee gewesen ist. .. Und es ist schön viel Schnee gewesen. Und so sind wir mit den Schneeschuhen nach Hause gekommen zu Mittag. Alles nass, so sind wir nach Hause. Die meisten von uns sechs Kindern. sind so in die Schule gegangen. Die Schultasche hat die Mutter gemacht. Es sind von deutschen Soldaten oder von den Amerikanern so Gewand ist zurückgeblieben. Und da hat sie uns Schultaschen gemacht, so mit einem Tragegurt über die Achsel zu hängen. Und die haben wir gerne gehabt. Zu Hause ist allerhand los gewesen, weil eine Kaserne daneben gewesen ist. Da haben wir immer was zu schauen gehabt, wenn der Krieg gewesen ist oder nach dem Krieg, wie die Flieger herunter sind. Da haben wir auch schon zugeschaut, wo der Rauch aufgeht. Wir haben uns auf den Bauch niedergelegt und danach immer herum geschaut. Und die Sirene ist auch gegangen dort, immer die die Sirene, auf dem Haus oben, neben uns. Und oft einmal haben sie einen Flieger gebracht, den sie gefangen genommen haben, der mit dem Fallschirm abgesprungen ist. Dann haben sie ihn gefangen genommen und da eingesperrt. Das hat uns immer leid getan, weil, uns ist vorgekommen, die haben niemandem was getan. Die Amerikaner haben allerhand Zeug gehabt, Kaugummi und Schokoladen und Seife eine gute, die hat uns auch gepasst. eine gut riechende Seife zum Abwaschen. Von dem haben wir nichts abbekommen. Den Luxus haben wir gehabt, die haben immer ausgeteilt. Aber ich hätte halt auch nicht immer hinüber gehen sollen zu ihnen. Da sind viele Jeeps, alle der Reihe nach, aufgestellt gewesen. Und die sind halt da den ganzen Tag herum gestanden. Ich weiß nicht, ist der Krieg aus gewesen oder nicht. Sagen wir so: gerade beim Ausgehen, ja, beim Ausgehen. Dann haben sie halt nicht gewusst was tun. Dann bin ich halt hinüber. Und das haben sie mir dann verboten, weil mich die fremden Leute auf den Schoß genommen. Mir ist vorgekommen, zu Hause hat niemand mehr Zeit gehabt für mich, um mich auf den Schoß zu heben, da bin ich halt zu denen. Hast du dort die Möglichkeit gehabt!